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Vertrauen ist keine Einbahnstraße

  • Autorenbild: Ercan Carikci
    Ercan Carikci
  • 6. Juli
  • 3 Min. Lesezeit

Impulse für gelingende Begegnungen zwischen Polizei und marginalisierten Gruppen


Wie entsteht Vertrauen – besonders dort, wo Beziehungen von Misstrauen oder Schmerz geprägt sind? Diese Frage stellt sich in vielen gesellschaftlichen Bereichen. Besonders deutlich wird sie im Verhältnis zwischen Polizei und marginalisierten Gruppen wie LSBTIQ*-Communities oder rassismusbetroffenen Menschen.


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Vertrauen ist kein Zustand, den man anordnen kann. Es entsteht – in Begegnungen, durch Verhalten, durch Wiederholung. Es wächst nicht durch Imagekampagnen, sondern durch echtes Handeln: im Einsatz, am Empfang, in der Sprache, im Blick.


Dieser Text richtet sich an alle, die solche Begegnungen gestalten – an Einsatzkräfte, Führungspersonal, Ausbildende in der Polizei ebenso wie an Vertreter*innen der Zivilgesellschaft. Er basiert auf langjähriger Erfahrung in diskriminierungskritischer Bildungsarbeit – auch mit Polizeibehörden – und möchte zum Austausch einladen. Ohne Schuldzuweisungen. Mit Haltung. Mit Klarheit.


Denn Vertrauen ist keine Einbahnstraße. Aber Institutionen mit Verantwortung entscheiden, ob sie stehenbleiben oder einsteigen lassen.


1. Vertrauen entsteht nicht im Leitbild – sondern im Verhalten


In vielen Polizeileitbildern stehen Begriffe wie Bürgernähe, Fairness oder Transparenz. Diese Worte sind nicht nur PR, sondern können echte Orientierung bieten. Doch sie müssen gelebt werden – durch Menschen, nicht durch Phrasen.


Vertrauen entscheidet darüber, ob ein Einsatz deeskaliert oder eskaliert. Ob jemand spricht oder schweigt. Ob sich Menschen sicher fühlen – oder nicht.


Es beginnt nicht bei den Anderen. Es beginnt bei uns.Egal ob im Streifenwagen oder in der Behördenleitung: Wer Vertrauen erwartet, muss vertrauenswürdig handeln. Nicht perfekt – aber konsequent. Nicht defensiv – sondern professionell.


2. Was Institutionen tun können – konkret und machbar


Proaktiv und sichtbar sein

Wer nur auftaucht, wenn es brennt, wird nicht als Schutzraum wahrgenommen. Vertrauen entsteht dort, wo Präsenz nicht nur mit Kontrolle verknüpft ist – sondern mit Beziehung.


Fortbildungen zu sensiblen Themen anbieten

Ob Umgang mit trans Personen, queerefeindliche Gewalt oder rassistische Dynamiken – Fortbildungen geben Sicherheit im Einsatz. Und sie zeigen: Wir nehmen die Lebensrealität der Menschen ernst.


Zuhören – auch unter Druck

„Ich wurde nicht ernst genommen“ – dieser Satz fällt oft, wenn Menschen Diskriminierung erleben. Zuhören bedeutet nicht Zustimmung, aber Respekt. Es braucht keine langen Gespräche – sondern echtes Interesse.


Fehler eingestehen statt verteidigen

Polizei ist eine lernende Organisation. Fehler einzuordnen, anstatt sie kleinzureden, schafft Vertrauen. Eine Entschuldigung ist kein Schuldeingeständnis – sondern ein Zeichen von Haltung.


Vielfalt sichtbar machen

Interne Ansprechpersonen, diverse Teams, inklusive Sprache und Bildsprache – das alles sind keine Nebensächlichkeiten. Es sind Botschaften: „Wir sehen euch. Wir schützen euch.“


3. Was marginalisierte Gruppen tun können – ohne sich zu verbiegen


Auch auf Seiten marginalisierter Communities gibt es Handlungsspielräume. Nicht als Pflicht, sondern als Strategie: Vertrauen braucht manchmal einen ersten Schritt – oder die Bereitschaft, zuzuhören, auch wenn man verletzt wurde.


Erfahrungen teilen – mit Haltung

Erzählungen über Ausgrenzung oder Gewalt müssen nicht leise werden – aber klug erzählt sein. Wer andere erreicht, verändert mehr als durch Anklage allein.


Dialogformate mitgestalten

Es geht nicht nur um Teilnahme, sondern um Gestaltung: Wer mitredet, kann den Rahmen mitprägen – methodisch, dramaturgisch, atmosphärisch.


Komplexität zulassenNicht jede Polizistin ist konservativ. Nicht jede Aktivistin linksradikal. Vertrauen wächst, wo Menschen sich nicht auf Rollen reduzieren – sondern als Individuen begegnen.


4. Was in Dialogen oft schiefläuft – und wie es besser geht


Schuldzuweisungen vermeiden

Wenn ein Format nur auf Anklage setzt, entsteht Abwehr. Offenheit entsteht durch Gespräch auf Augenhöhe – mit Zeit, Struktur und gegenseitigem Respekt.


Verbindlichkeit sichern

Ein Dialog ohne Folgen verpufft. Was wurde gelernt? Was verändert sich? Wer übernimmt Verantwortung?


Repräsentation mit Beziehung verbinden

Sichtbarkeit ist wichtig – reicht aber nicht. Es braucht echte Begegnung: Gespräche, Zwischentöne, Wiedersehen.


5. Vertrauen als gemeinsame Bewegung


Vertrauen ist nicht die Kür, sondern die Voraussetzung für funktionierende Beziehungen zwischen Polizei und Gesellschaft. Es beginnt nicht in Verordnungen – sondern im Alltag: im Tonfall, in der Begrüßung, im Schweigen, wenn andere sprechen.

Vertrauen bedeutet nicht, Kritik zu vermeiden – sondern, sie auszuhalten. Nicht, alles richtig zu machen – sondern, ehrlich zu handeln.Und manchmal bedeutet es einfach, da zu bleiben – auch wenn es schwierig wird.

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