Glossar
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Gadje-Rassismus
Gadje-Rassismus bezeichnet die spezifische Form von Rassismus, mit der Sintizze und Romnja in Europa seit Jahrhunderten konfrontiert sind. Er beschreibt nicht nur individuelle Vorurteile, sondern auch strukturelle Diskriminierung, Ausgrenzung und Gewalt, die diese Minderheit systematisch benachteiligen. Der Begriff wird von den Communities selbst verwendet und betont die Perspektive der Betroffenen: „Gadje“ (aus dem Romanes für „Nicht-Rom*nja“) verweist auf das Verhältnis zwischen Mehrheitsgesellschaft und Minderheit, das durch tief verankerte Machtasymmetrien geprägt ist.
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Historisch reicht Gadje-Rassismus von der Stigmatisierung als „fahrendes Volk“ über Zwangsassimilationen, Ausweisungen und Berufsverbote bis hin zum Porajmos – dem Völkermord an 500.000 Sintizze und Romnja im Nationalsozialismus. Auch nach 1945 setzten sich Diskriminierung und stereotype Darstellungen fort: in Schulbüchern, Behördenpraxis und Medien. Bis heute erleben viele Sintizze und Romnja in Europa systematische Benachteiligung in Bildung, auf dem Arbeitsmarkt und rassistische Gewalt im Alltag.
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Gadje-Rassismus macht sichtbar, dass es nicht die „Fremdheit“ der Sintizze und Romnja ist, die zur Ausgrenzung führt, sondern die Konstruktionen und Zuschreibungen der Mehrheitsgesellschaft. Der Begriff fordert dazu auf, diese Mechanismen kritisch zu hinterfragen und die Perspektiven der Betroffenen in den Mittelpunkt zu stellen. Zugleich verweist er auf die Widerstandsgeschichten der Communities, die trotz Verfolgung und Ausgrenzung über Jahrhunderte ihre Kultur, Sprache und kollektive Stärke bewahrt haben.
Gaslighting
Gaslighting beschreibt eine Form psychologischer Manipulation, bei der eine Person oder Institution versucht, die Wahrnehmung, Erinnerungen oder das Urteilsvermögen einer anderen Person so zu verzerren, dass diese an sich selbst zweifelt. Typisch sind das Leugnen von Ereignissen („Das ist nie passiert“), das Umdeuten von Handlungen („Du übertreibst wieder“) oder gezielte Lügen, die das Vertrauen in die eigene Wahrnehmung untergraben. Das Ziel ist oft, Kontrolle auszuüben und die betroffene Person emotional abhängig oder handlungsunfähig zu machen.
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Der Begriff geht zurück auf das Theaterstück „Gaslight“ (1938) und die darauf basierenden Filmversionen, in denen ein Mann seine Frau systematisch glauben lässt, sie werde verrückt, indem er heimlich die Gaslichter im Haus dimmt und ihr dann einredet, das Licht sei unverändert.
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Gaslighting tritt nicht nur in Beziehungen auf, sondern auch in institutionellen und gesellschaftlichen Machtverhältnissen. Beispielsweise erleben Betroffene von Diskriminierung oft Sätze wie: „Das hast du dir nur eingebildet“ oder „Du bist zu empfindlich“, die ihre Erfahrungen abwerten und ihre Wahrnehmung in Frage stellen. Auf kollektiver Ebene kann Gaslighting dazu führen, dass ganze Gruppen ihre eigene Realität und Geschichte anzweifeln.
Gaslighting hat schwerwiegende Folgen: Es kann bei den Betroffenen zu Unsicherheit, Selbstzweifeln, emotionaler Abhängigkeit und langfristigen psychischen Belastungen führen.
Gender
Gender bezeichnet die sozialen, kulturellen und individuellen Konstruktionen von Geschlecht, die weit über die biologische Geschlechtszuweisung hinausgehen. Während das biologische Geschlecht (Sex) auf körperlichen Merkmalen basiert, beschreibt Gender, wie Gesellschaften Geschlechterrollen, Normen und Erwartungen festlegen und wie Menschen sich innerhalb oder jenseits dieser Kategorien verorten.
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Gender macht deutlich, dass Geschlecht kein naturgegebenes Faktum ist, sondern ein sozialer und kultureller Prozess: Von Kindheit an werden Menschen durch Sprache, Erziehung, Medien und Institutionen geprägt, bestimmte Verhaltensweisen, Kleidungsstile oder Berufsbilder als „männlich“ oder „weiblich“ wahrzunehmen und zu erfüllen. Diese Zuschreibungen sind nicht neutral, sondern schaffen Machtverhältnisse und Hierarchien, die bestimmte Identitäten privilegieren und andere marginalisieren.
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Soziologische Theorien wie „Doing Gender“ beschreiben, wie Geschlecht im Alltag immer wieder „hergestellt“ wird – durch Sprache, Interaktionen und gesellschaftliche Erwartungen. Gender ist somit nicht nur eine persönliche Identität, sondern auch eine gesellschaftliche Struktur, die bestimmt, wer welche Chancen, Sichtbarkeit und Ressourcen erhält.
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In vielen Ländern wurden in den letzten Jahren rechtliche Reformen eingeführt, um Geschlechtervielfalt anzuerkennen und Diskriminierung zu bekämpfen: etwa durch dritte Geschlechtsoptionen in offiziellen Dokumenten oder durch Anti-Diskriminierungsgesetze, die trans* und nicht-binäre Menschen ausdrücklich schützen. Dennoch bleibt der Kampf um Gleichstellung und Anerkennung von Geschlechtervielfalt ein globaler Prozess, der immer wieder neu ausgehandelt werden muss.
Gender Mainstreaming
Gender Mainstreaming ist eine Strategie, die darauf abzielt, die Gleichstellung der Geschlechter systematisch in alle politischen, sozialen und wirtschaftlichen Bereiche einzubeziehen. Anstatt Gleichstellung als isoliertes Ziel in spezifischen Programmen zu behandeln, soll bei allen Entscheidungen – von der Gesetzgebung über die Planung öffentlicher Dienstleistungen bis hin zu Budgetfragen – geprüft werden, welche Auswirkungen sie auf unterschiedliche Geschlechter haben.
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Das Konzept wurde 1995 auf der Weltfrauenkonferenz der Vereinten Nationen in Peking als internationales Leitprinzip formuliert und ist seitdem ein zentraler Bestandteil der Gleichstellungspolitik vieler Staaten und der Europäischen Union. Es geht darum, geschlechtsspezifische Unterschiede und strukturelle Benachteiligungen sichtbar zu machen und abzubauen, um gleiche Chancen und Teilhabe für alle Menschen zu schaffen.
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In der Praxis bedeutet Gender Mainstreaming beispielsweise, bei der Stadtplanung nicht nur die Bedürfnisse von Autofahrenden, sondern auch von pflegenden Angehörigen oder Kindern zu berücksichtigen, oder in der Bildungspolitik geschlechterstereotype Lehrmaterialien zu hinterfragen. Es setzt auf die aktive Förderung von Gerechtigkeit durch das Aufbrechen von Geschlechterrollen und die Schaffung inklusiver Strukturen.
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Das Konzept steht jedoch auch in der Kritik: Manche befürchten, dass es als reine Verwaltungsvorgabe ohne tiefgreifende gesellschaftliche Veränderung bleibt, wenn Gleichstellung nur „mitgedacht“, aber nicht konsequent umgesetzt wird. Dennoch bleibt Gender Mainstreaming ein wichtiger Ansatz, um Geschlechtergerechtigkeit langfristig zu verankern und die Vielfalt von Lebensrealitäten zu berücksichtigen.
Gender Pay Gap
Der Gender Pay Gap beschreibt die Lohnlücke zwischen den durchschnittlichen Bruttoverdiensten von Frauen und Männern. Diese Differenz ergibt sich aus einer Vielzahl von Faktoren: strukturelle Diskriminierung, ungleiche Karrieremöglichkeiten, die ungleiche Verteilung von unbezahlter Sorgearbeit (Care-Arbeit) und geschlechtsspezifische Berufswahlmuster, die oft durch traditionelle Rollenbilder geprägt sind.
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Man unterscheidet zwischen dem unbereinigten Gender Pay Gap, der die gesamte Lohnlücke ohne Berücksichtigung weiterer Faktoren beschreibt, und dem bereinigten Gender Pay Gap, der Unterschiede wie Berufserfahrung, Branche oder Position herausrechnet. Selbst der bereinigte Wert zeigt, dass Frauen bei gleicher Qualifikation und Tätigkeit im Durchschnitt weniger verdienen als Männer.
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Offizielle Statistiken zum Gender Pay Gap erfassen meist nur die binäre Kategorie von „Frauen“ und „Männern“ und blenden trans*, nicht-binäre und genderqueere Menschen häufig aus. Studien zeigen jedoch, dass diese Gruppen oft noch stärkere Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt erfahren – etwa durch Diskriminierung, Einkommensverluste oder prekäre Beschäftigung.
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Der Abbau des Gender Pay Gaps erfordert rechtliche Maßnahmen, bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Anerkennung vielfältiger Geschlechtsidentitäten und Lebensrealitäten in der Arbeitswelt.
Gender Studies
Gender Studies sind ein interdisziplinäres Forschungsfeld, das untersucht, wie Geschlecht, Gender und Sexualität in sozialen, kulturellen, politischen und historischen Kontexten konstruiert und gelebt werden. Sie analysieren die Machtverhältnisse, die mit Geschlechterrollen, Normen und Ungleichheiten verbunden sind, und fragen danach, wie diese Strukturen Menschen privilegieren oder benachteiligen.
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Entstanden in den 1970er Jahren aus feministischen Bewegungen, haben sich Gender Studies weltweit zu einem etablierten wissenschaftlichen Feld entwickelt. Sie verknüpfen Erkenntnisse aus Soziologie, Geschichte, Kulturwissenschaften, Recht, Medizin und anderen Disziplinen, um ein umfassendes Verständnis von Geschlechterfragen zu ermöglichen. Neben der Erforschung von Frauen- und Männerrollen richten sie den Blick auch auf queere Perspektiven, Intersektionalität und die Erfahrungen von trans* und nicht-binären Menschen.
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Gender Studies leisten damit nicht nur Grundlagenforschung, sondern tragen auch zur Förderung von Geschlechtergerechtigkeit und sozialem Wandel bei. Sie stoßen Debatten über Gleichstellung, Antidiskriminierung und die Vielfalt von Lebensweisen an – und machen sichtbar, dass Geschlecht kein statisches, sondern ein dynamisches gesellschaftliches Konstrukt ist.
Genozid
Genozid bezeichnet die gezielte und systematische Vernichtung einer nationalen, ethnischen, religiösen oder sogenannten „rassischen“ Gruppe mit dem Ziel, sie als solche ganz oder teilweise auszulöschen. Der Begriff wurde 1944 von dem Juristen Raphael Lemkin geprägt, der als Überlebender des Holocaust nach Wegen suchte, um Massenverbrechen im internationalen Recht benennbar und justiziabel zu machen. Seit 1948 bildet seine Definition die Grundlage der UN-Konvention zur Verhütung und Bestrafung des Völkermordes, die Genozid als eines der schwerwiegendsten Verbrechen gegen die Menschlichkeit einstuft und Staaten eine besondere Pflicht zur Prävention auferlegt.
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Genozide entstehen nicht plötzlich. Sie sind in der Regel das Ergebnis langwieriger Prozesse der Polarisierung, Ausgrenzung und Entmenschlichung, in denen Minderheiten oder ganze Bevölkerungsgruppen systematisch als „anders“, „gefährlich“ oder „wertlos“ konstruiert werden. Solche Prozesse werden häufig von Hasspropaganda begleitet, die Vorurteile verstärkt und Gewalt gegen die Zielgruppe legitimiert. Die Untergrabung demokratischer Schutzmechanismen – etwa die Schwächung unabhängiger Justiz, freier Medien und zivilgesellschaftlicher Organisationen – erleichtert es autoritären Kräften, diese Dynamiken ungehindert voranzutreiben. Auch ökonomische Interessen, nationalistische Ideologien und koloniale Kontinuitäten können Teil der Genozid-Logik sein, indem sie Gruppen als „Störfaktoren“ oder „Hindernisse“ für eine vermeintliche gesellschaftliche „Reinigung“ darstellen.
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Die rechtliche Definition der UN-Konvention ist präzise, aber zugleich begrenzt: Sie schützt ausdrücklich nur vier Gruppenkategorien (nationale, ethnische, religiöse und „rassische“), während politische und soziale Gruppen nicht erfasst sind. Diese Einschränkung hat in der Vergangenheit immer wieder zu internationalen Debatten geführt – etwa darüber, ob Massengewalt gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen (z. B. Intellektuelle oder soziale Klassen) als Genozid anerkannt werden sollte. Zugleich darf diese rechtliche Engführung nicht dazu führen, dass die moralische Verantwortung zur Prävention ignoriert wird.
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Genozidprävention bedeutet, die gesellschaftlichen Frühwarnzeichen ernst zu nehmen und frühzeitig zu handeln. Dazu zählen die schleichende Normalisierung von Hassrhetorik und „wir gegen sie“-Narrativen, die Einschränkung von Minderheitenrechten und demokratischen Institutionen sowie die gezielte Isolierung und Entmenschlichung einzelner Gruppen. Bildung, Erinnerungskultur und die Stärkung zivilgesellschaftlicher Strukturen sind entscheidend, um diese Muster zu durchbrechen.
Ebenso wichtig ist die internationale Zusammenarbeit und die Bereitschaft, Menschenrechte konsequent zu verteidigen, um zu verhindern, dass die Eskalationsspirale bis zum Punkt der systematischen Vernichtung führt. Genozide sind nicht nur historische Ereignisse – sie bleiben eine reale Bedrohung. Ihre Verhinderung setzt ein Bewusstsein dafür voraus, dass sie nicht von plötzlicher Gewalt getragen werden, sondern von schleichenden Normalisierungsprozessen, die Gesellschaften in Täterschaft oder Wegsehen treiben können.
Geschlechtliche Identität
Die geschlechtliche Identität beschreibt das tief empfundene Wissen und Erleben einer Person darüber, welchem Geschlecht sie sich zugehörig fühlt – oder ob sie sich jenseits der herkömmlichen Kategorien von „männlich“ und „weiblich“ verortet. Sie kann mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmen (cis-geschlechtlich) oder davon abweichen (trans*, nicht-binär, genderfluid u. a.). Diese Identität ist individuell, vielschichtig und kann sich im Laufe des Lebens entwickeln oder verändern.
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Geschlechtliche Identität spielt eine zentrale Rolle für das Selbstverständnis und die soziale Interaktion einer Person. Sie beeinflusst, wie Menschen wahrgenommen, angesprochen und in gesellschaftliche Strukturen eingebunden werden. In vielen Ländern wurde die Bedeutung der geschlechtlichen Identität durch rechtliche Entwicklungen (z. B. Einführung einer dritten Geschlechtsoption) und
Antidiskriminierungsgesetze zunehmend anerkannt. Dennoch sind trans* und nicht-binäre Menschen weltweit immer noch häufig mit Vorurteilen, Stigmatisierung und struktureller Benachteiligung konfrontiert.
Geschichts-revisionismus
Geschichtsrevisionismus bezeichnet die Praxis, historische Ereignisse, Fakten oder Interpretationen neu zu bewerten. Ursprünglich war der Begriff neutral und beschrieb den legitimen Anspruch der Geschichtswissenschaft, bestehende Narrative kritisch zu hinterfragen und neue Quellen oder Perspektiven einzubeziehen. Heute ist „Geschichtsrevisionismus“ jedoch meist negativ konnotiert und beschreibt gezielte Versuche, historische Wahrheiten zu verzerren oder umzudeuten. Er wird häufig politisch instrumentalisiert, um Verantwortung für vergangene Verbrechen oder Ungerechtigkeiten zu leugnen, zu relativieren oder zu minimieren. Beispiele hierfür sind die Leugnung des Holocausts, die Verharmlosung kolonialer Gewalt, oder die Glorifizierung imperialistischer Eroberungen als „zivilisatorische Missionen“.
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Rechtsextreme Bewegungen nutzen Geschichtsrevisionismus gezielt, um nationalistische und völkische Narrative zu stärken, rassistische Weltbilder zu normalisieren und den Boden für autoritäre Ideologien zu bereiten. Auch in neuimperialistischen Projekten dient er als Rechtfertigung, um historische Grenzen infrage zu stellen und Aggressionen als „Wiederherstellung historischer Ordnung“ zu verklären. Eine kritische Auseinandersetzung mit Geschichtsrevisionismus ist zentral für Demokratien: Sie schützt die Erinnerung an Opfer vergangener Verbrechen und verhindert, dass Machtmissbrauch und Unterdrückung durch manipulierte Geschichtsbilder legitimiert werden.
Gesellschaftlich-kultureller Rassismus
Gesellschaftlich-kultureller Rassismus bezeichnet Formen von rassistischer Diskriminierung, Vorurteilen und Ungleichbehandlung, die tief in den Strukturen, Institutionen und kulturellen Praktiken einer Gesellschaft verankert sind. Anders als individueller Rassismus, der sich in persönlichen Einstellungen und Handlungen ausdrückt, und institutioneller Rassismus, der in Gesetzen oder offiziellen Abläufen sichtbar wird, wirkt gesellschaftlich-kultureller Rassismus oft subtiler: Er zeigt sich in tradierten Normen, Werten und Traditionen, die bestimmte Gruppen privilegieren und andere systematisch abwerten.
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Ein Beispiel: Wenn in Schulbüchern ausschließlich europäische Perspektiven auf Geschichte vermittelt werden und außereuropäische Kulturen entweder romantisiert („exotisch“) oder defizitär dargestellt werden, verfestigt dies ein Bild von weißen europäischen Erfahrungen als Norm und anderen als Abweichung. Ebenso sind Schönheitsideale, die helle Haut und europäische Gesichtszüge als Standard setzen, Ausdruck gesellschaftlich-kultureller Rassismen, die Alltagswahrnehmungen und Selbstbilder beeinflussen. Diese Form von Rassismus wirkt häufig unbemerkt, weil sie in „ganz normalen“ Alltagssituationen und kulturellen Praktiken reproduziert wird – etwa in Sprichwörtern, Redewendungen, Humor oder Auswahlprozessen in Medien und Werbung.
Gleichstellungs-beauftragte
Die Gleichstellungsbeauftragte ist eine Funktion in öffentlichen Institutionen, Unternehmen und Organisationen, die die Umsetzung von Gleichstellung und Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern unterstützt. Sie überwacht die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben zur Gleichstellung (z. B. nach dem Bundesgleichstellungsgesetz oder entsprechenden Landesgesetzen) und wirkt darauf hin, Diskriminierung am Arbeitsplatz abzubauen.
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Zu ihren Aufgaben gehören die Beratung der Geschäftsleitung und der Beschäftigten in Fragen der Gleichstellung, die Begleitung von Einstellungs- und Beförderungsverfahren sowie die Entwicklung von Maßnahmen zur Förderung einer geschlechtergerechten Unternehmenskultur. Gleichstellungsbeauftragte sind oft auch an der Erstellung von Gleichstellungsplänen beteiligt und können Stellungnahmen zu Personalmaßnahmen abgeben, um Diskriminierung vorzubeugen.
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Die Rolle erfordert ein hohes Maß an fachlicher Kompetenz, Kommunikationsfähigkeit und Sensibilität, da Gleichstellungsbeauftragte in ihrer Arbeit nicht selten mit Widerständen innerhalb von Organisationen konfrontiert sind.
Globale Gerechtigkeit
Globale Gerechtigkeit bezeichnet das Konzept einer fairen Verteilung von Ressourcen, Chancen und Rechten auf weltweiter Ebene. Es geht darum, tief verwurzelte Ungleichheiten zwischen Ländern und Regionen zu erkennen und anzugehen, die oft durch Kolonialismus, Ausbeutung und ungleiche Machtverhältnisse entstanden sind. Das Ziel ist eine gerechtere und nachhaltigere Welt, in der alle Menschen unabhängig von Herkunft, Hautfarbe oder ökonomischem Status ein Leben in Würde führen können.
Globale Gerechtigkeit umfasst auch die gemeinsame Verantwortung für globale Herausforderungen wie den Klimawandel, Migration, Pandemien und wirtschaftliche Ausbeutung. Solidarisches Handeln bedeutet hier, dass wohlhabendere Länder und Gesellschaften nicht nur kurzfristige Hilfe leisten, sondern strukturelle Veränderungen unterstützen, die faire Handelsbeziehungen, Ressourcenschonung und den Abbau systematischer Diskriminierung fördern.
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Die Debatte um „Klimagerechtigkeit“ macht deutlich, dass Länder des Globalen Südens, die historisch am wenigsten zur Erderwärmung beigetragen haben, oft am stärksten von deren Folgen betroffen sind. Globale Gerechtigkeit bedeutet hier, Verantwortung für diese Ungleichheiten zu übernehmen und Maßnahmen zu ergreifen, die langfristige soziale und ökologische Balance schaffen.
Globaler
Norden
Der Begriff Globaler Norden beschreibt eine Gruppe von Staaten, die politisch, wirtschaftlich und technologisch dominant sind und über einen hohen Lebensstandard verfügen. Er umfasst in der Regel die Industrienationen in Europa, Nordamerika sowie Teile Ostasiens und Ozeaniens. Der Globale Norden wird häufig dem Globalen Südengegenübergestellt, um globale Machtverhältnisse, historische Ausbeutungsverhältnisse und ungleiche Zugänge zu Ressourcen und Wohlstand sichtbar zu machen.
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Der Begriff geht über rein geografische Kategorien hinaus: Australien zählt beispielsweise zum Globalen Norden, obwohl es auf der südlichen Erdhalbkugel liegt, während Länder wie Mexiko oder Indien dem Globalen Süden zugeordnet werden, obwohl sie nördlich des Äquators liegen. Diese Einteilung reflektiert also keine geografische Realität, sondern beschreibt soziale, wirtschaftliche und politische Hierarchien, die ihre Wurzeln oft in Kolonialismus und globaler Arbeitsteilung haben.
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Gleichzeitig steht der Begriff in der Kritik: Er kann Unterschiede innerhalb der Gruppen unsichtbar machen, da auch im Globalen Norden Menschen von Armut, Diskriminierung und struktureller Benachteiligung betroffen sind. Ebenso sind im Globalen Süden vielfältige Entwicklungen und Machtpositionen zu beobachten, die nicht in ein homogenes Bild passen. Kritische Stimmen fordern daher, den Begriff bewusst zu verwenden und nicht als starres Schema zu begreifen.
Globaler
Süden
Der Begriff Globaler Süden bezeichnet Länder und Regionen, die historisch durch Kolonialismus, Ausbeutung und ungleiche globale Machtverhältnisse benachteiligt wurden und bis heute strukturelle Abhängigkeiten vom Globalen Norden aufweisen. Er wird oft verwendet, um auf ökonomische Ungleichheit, unfaire Handelsbeziehungen und soziale Marginalisierung hinzuweisen, die durch globale Systeme wie Kapitalismus und Kolonialismus verstärkt wurden.
Der Globale Süden ist keine geografische Kategorie: Länder wie Australien oder Japan liegen geografisch südlich, gehören aber nicht dazu, während viele Länder nördlich des Äquators – etwa Indien oder Mexiko – dem Globalen Süden zugerechnet werden. Der Begriff beschreibt vielmehr politische, wirtschaftliche und soziale Hierarchien in der globalisierten Welt.
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Gleichzeitig steht der Begriff in der Kritik: Er kann die große Vielfalt innerhalb der Länder des Globalen Südens unsichtbar machen und suggerieren, dass diese Regionen homogen seien. Es gibt hier sowohl hochentwickelte Volkswirtschaften als auch Staaten mit massiver Armut und Ausgrenzung. Kritische Perspektiven fordern daher, den Begriff bewusst einzusetzen, um globale Ungleichheiten sichtbar zu machen, ohne Stereotype zu reproduzieren.
Greenwashing
Greenwashing bezeichnet eine Strategie, bei der sich Unternehmen, Institutionen oder auch politische Akteure ein umweltfreundliches oder nachhaltiges Image geben, ohne dass dieses durch ihr tatsächliches Handeln gedeckt ist. Der Begriff setzt sich aus „green“ (grün, im Sinne von ökologisch) und „whitewashing“ (überdecken, beschönigen) zusammen – und beschreibt den Versuch, durch Sprache, Verpackung, Werbekampagnen oder symbolische Einzelmaßnahmen von klimaschädlichen oder umweltschädlichen Strukturen abzulenken.
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Typisch für Greenwashing ist, dass Umweltengagement öffentlichkeitswirksam inszeniert wird, etwa durch Begriffe wie „klimaneutral“, „grün produziert“ oder „natürlich“, während die Produktionsweise, Lieferketten oder Finanzinteressen weiterhin auf Ausbeutung, Ressourcenverschwendung und globale Ungleichheit beruhen. So bewerben beispielsweise Fast-Fashion-Konzerne einzelne Kollektionen als „nachhaltig“, obwohl ihr gesamtes Geschäftsmodell auf Überproduktion, Niedriglöhnen und hoher COâ‚‚-Belastung basiert. Auch große Ölkonzerne sprechen in ihren Kampagnen von „grüner Zukunft“, obwohl der überwiegende Teil ihrer Einnahmen weiterhin aus fossilen Energieträgern stammt.
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Greenwashing ist kein Zufall, sondern eine bewusste Strategie, um sich den wachsenden Erwartungen an Nachhaltigkeit kommunikativ anzupassen – ohne strukturelle Verantwortung zu übernehmen. Damit wird nicht nur Vertrauen untergraben, sondern auch die tatsächliche Transformation hin zu ökologischer Gerechtigkeit behindert. In der Kritik an Greenwashing geht es deshalb nicht nur um moralisches Fehlverhalten, sondern um eine politische Frage: Wer darf Nachhaltigkeit definieren, und wer profitiert von ihrer Symbolik?
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Begriffe wie „Bluewashing“ (für scheinsoziale oder menschenrechtlich geschönte Selbstdarstellungen) oder „Woke-Washing“ (für progressive Rhetorik ohne substanzielles Handeln) zeigen, dass es sich um ein größeres Muster handelt: Die symbolische Aufladung von Begriffen wie „grün“, „gerecht“ oder „divers“ wird genutzt, um bestehende Machtverhältnisse zu sichern – nicht, um sie zu verändern.
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (GMF) ist ein von dem Sozialwissenschaftler Wilhelm Heitmeyerentwickeltes Konzept, das verschiedene Formen von Abwertung, Diskriminierung und Feindseligkeit gegenüber Menschen aufgrund ihrer tatsächlichen oder zugeschriebenen Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen zusammenfasst.
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Es beschreibt ein Syndrom von Einstellungen, das sich gegen ethnische, religiöse, geschlechtliche, sexuelle oder soziale Minderheiten richtet und auch die Abwertung von Obdachlosen, Menschen mit Behinderungen oder Arbeitslosen einschließen kann.
Heitmeyer entwickelte das Konzept Anfang der 2000er Jahre im Rahmen der „Bielefelder Studien“ zur Erforschung von Rechtsextremismus und sozialer Desintegration.
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Ein zentrales Merkmal der GMF ist, dass die verschiedenen feindseligen Einstellungen nicht isoliert auftreten, sondern oft miteinander verknüpft sind und sich gegenseitig verstärken. So kann beispielsweise die Abwertung von Migrant*innen mit Sexismus oder Homofeindlichkeit einhergehen. In seinen empirischen Untersuchungen nutzte Heitmeyer die GMF-Skala, um diese Phänomene messbar zu machen und ihre gesellschaftliche Verbreitung zu erfassen.
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Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit wirkt sowohl auf individueller als auch auf struktureller Ebene. Sie kann dazu führen, dass betroffene Menschen in ihrem Alltag ausgegrenzt, entwertet oder in ihren Rechten eingeschränkt werden. Gleichzeitig untergräbt GMF den gesellschaftlichen Zusammenhalt und gefährdet demokratische Grundwerte.
Der Abbau solcher Einstellungen ist daher nicht nur für den Schutz von Minderheiten, sondern auch für die Stärkung einer offenen, solidarischen Gesellschaft von zentraler Bedeutung.