Glossar
f
Farbenblindheit
(color blindness)
Farbenblindheit ist eine Metapher für die Haltung, Hautfarbe oder andere Merkmale, die mit Diskriminierung verbunden sind, nicht wahrzunehmen. Häufig wird sie mit der Aussage verbunden: „Ich sehe keine Farben, für mich sind alle Menschen gleich.“ Dieser Ansatz wirkt auf den ersten Blick inklusiv, blendet jedoch die Realität rassistischer Strukturen und Ungleichheiten aus.
​
Anstatt Rassismus abzubauen, trägt Farbenblindheit dazu bei, ihn unsichtbar zu machen. Sie ignoriert, dass Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe oder Herkunft ganz unterschiedliche Erfahrungen mit Diskriminierung, Ausschluss oder Ungleichbehandlung machen. Wenn im Bildungssystem zum Beispiel davon ausgegangen wird, dass „alle Kinder gleich behandelt“ werden sollten, bleibt unsichtbar, welche Barrieren Kinder mit Migrationsgeschichte oder Schwarze Kinder überwinden müssen. Auch in Unternehmen mit überwiegend weißen Führungskräften kann die Behauptung „Wir achten nicht auf Hautfarben“ dazu führen, dass systemische Hürden für People of Color nicht erkannt und notwendige Veränderungen blockiert werden.
​
Farbenblindheit steht oft in engem Zusammenhang mit der Vermeidung unbequemer Gespräche über Rassismus. Sie schützt die Komfortzone der Mehrheitsgesellschaft, während sie marginalisierte Perspektiven ausblendet. Rassismuskritische Ansätze hingegen fordern dazu auf, Unterschiede bewusst wahrzunehmen – nicht um Menschen darauf zu reduzieren, sondern um die strukturellen Ungleichheiten, die an diese Unterschiede geknüpft sind, abzubauen.
Faschismus
Faschismus ist eine politische Ideologie und Herrschaftsform, die in den 1920er Jahren in Europa entstand. Mit den Regimen Benito Mussolinis in Italien und Adolf Hitlers im nationalsozialistischen Deutschland entwickelte sich der Faschismus zu einem autoritären System, das durch extremen Nationalismus, die Idealisierung eines charismatischen Führers, die Verherrlichung von Gewalt und die Ablehnung demokratischer und liberaler Werte geprägt war.
​
Zentrale Merkmale sind die Errichtung einer hierarchischen Gesellschaftsordnung, in der die Interessen des Staates über individuellen Rechten stehen, die Unterdrückung politischer Opposition durch Terror und Zensur sowie die systematische Ausgrenzung und Verfolgung von Minderheiten auf Grundlage rassistischer und antisemitischer Ideologien. Im Nationalsozialismus kulminierte diese Ideologie in beispiellosen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, darunter der Holocaust.
​
Faschismus ist als analytischer Begriff auf spezifische historische Konstellationen bezogen und sollte nicht pauschal auf heutige autoritäre oder rechtsextreme Strömungen übertragen werden. Dennoch gibt es in der Gegenwart Bewegungen, die an einzelne Elemente faschistischer Ideologie anschließen – etwa die Ablehnung pluralistischer Gesellschaften, die Betonung homogener nationaler Identitäten oder die Abwertung von Minderheiten. Eine differenzierte Analyse ist erforderlich, um historische Faschismen von modernen Formen des Autoritarismus abzugrenzen.
Feminismus
Feminismus ist eine soziale Bewegung, politische Praxis und theoretische Denkrichtung, die sich für die Gleichberechtigung aller Geschlechter einsetzt und gegen jede Form von Geschlechterdiskriminierung kämpft. Ziel ist es, patriarchale Strukturen abzubauen, die historisch und bis heute Frauen, Mädchen sowie nicht-binäre und trans* Personen benachteiligen, und eine Gesellschaft zu schaffen, in der alle Menschen gleiche Rechte, Teilhabe und Selbstbestimmung erfahren.
​
Seit dem 19. Jahrhundert haben sich vielfältige feministische Strömungen entwickelt, die unterschiedliche Schwerpunkte setzen: von den Kämpfen für das Frauenwahlrecht über den Einsatz für sexuelle Selbstbestimmung, wirtschaftliche Unabhängigkeit und die Sichtbarkeit queerer Perspektiven bis hin zu intersektionalen Ansätzen. Letztere betonen, dass Diskriminierungen wie Rassismus, Klassismus, Ableismus und Heteronormativität mit Geschlechterungleichheit verflochten sind und nicht getrennt voneinander bekämpft werden können.
​
Feminismus ist keine homogene Bewegung. Er umfasst globale Kämpfe, die ebenso unterschiedlich sind wie die Kontexte, in denen sie geführt werden: Während im globalen Norden oft Fragen der Repräsentation und Care-Arbeit im Zentrum stehen, kämpfen feministische Bewegungen im globalen Süden vielfach gegen die Folgen von Kolonialismus, Ausbeutung und Gewalt. Diese Vielfalt ist eine Stärke des Feminismus – und zugleich Anlass für kritische Selbstreflexion, um Machtasymmetrien auch innerhalb feministischer Räume zu hinterfragen.
​
Heute ist Feminismus sowohl politischer Aktivismus als auch Alltagswiderstand: Er bedeutet, patriarchale Muster in Institutionen sichtbar zu machen, sich gegen geschlechtsspezifische Gewalt zu wehren und Räume zu schaffen, in denen marginalisierte Perspektiven gehört werden. Feminismus ist nicht nur ein Ziel, sondern ein Prozess, der immer wieder neu ausgehandelt werden muss.
First-Generation Students
First-Generation Students sind Studierende, die als Erste in ihrer Familie eine Hochschulausbildung absolvieren. Sie stammen aus Familien ohne akademischen Hintergrund und bewegen sich oft in einem Umfeld, das ihnen weder Erfahrungen noch Orientierung im Hochschulsystem vermitteln kann. Dies kann zu besonderen Herausforderungen führen – etwa beim Zugang zu Netzwerken, beim Verständnis ungeschriebener akademischer Regeln („hidden curriculum“) oder beim Umgang mit finanziellen und sozialen Hürden.
​
Gleichzeitig bringen First-Generation Students häufig besondere Stärken mit: Resilienz, Anpassungsfähigkeit und die Fähigkeit, unterschiedliche Lebenswelten miteinander zu verbinden. Ihre Perspektiven können die Hochschulkultur bereichern und dazu beitragen, Strukturen kritisch zu hinterfragen.
​
Programme zur Unterstützung von First-Generation Students setzen hier an: Sie bieten Mentoring, finanzielle Hilfe und Netzwerke, um soziale Barrieren abzubauen und gleiche Chancen für einen erfolgreichen Studienabschluss zu schaffen.
Flucht
Flucht bezeichnet den Akt, einen Ort, eine Region oder ein Land zu verlassen, um Gefahren zu entkommen. Menschen fliehen aus vielfältigen Gründen: Krieg, politischer oder religiöser Verfolgung, Naturkatastrophen, Armut, Klimawandel oder Perspektivlosigkeit. Flucht ist in den meisten Fällen nicht freiwillig, sondern eine Überlebensstrategie angesichts von Umständen, die Menschen keine andere Wahl lassen.
​
Weltweit sind nach Angaben des UNHCR mehr als 110 Millionen Menschen auf der Flucht (Stand 2024). Die Mehrheit von ihnen sind sogenannte Binnenvertriebene: Menschen, die ihr Heimatland nicht verlassen, sondern innerhalb der Landesgrenzen Schutz suchen. Nur ein kleiner Teil der Flüchtenden überschreitet internationale Grenzen, um Sicherheit in anderen Staaten zu finden.
​
Das Recht auf Schutz für Flüchtende ist im internationalen Recht verankert, insbesondere in der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951. Diese verpflichtet Staaten, Menschen Schutz zu gewähren, die aufgrund von Herkunft, Religion, politischer Überzeugung, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder anderen Gründen verfolgt werden. Ergänzt wird sie durch die universellen Menschenrechte und das Prinzip der Nicht-Zurückweisung (Non-Refoulement), das verbietet, Menschen in Gebiete zurückzuschicken, in denen ihnen Gefahr droht.
​
Auch die Sprache, mit der über Flucht gesprochen wird, prägt gesellschaftliche Wahrnehmungen. Begriffe wie „Flüchtlingswelle“ oder die Endung „-linge“ reduzieren Menschen auf eine Kategorie und verstärken die Wahrnehmung einer anonymen Masse. Eine differenzierte, respektvolle Sprache hilft, die Subjektivität und Würde der Menschen zu wahren, die auf der Suche nach Schutz sind.
Fremdenfeindlichkeit
Fremdenfeindlichkeit beschreibt eine ablehnende oder feindselige Haltung gegenüber Menschen, die als „fremd“ wahrgenommen werden – sei es aufgrund ihrer Herkunft, Nationalität, Ethnie, Religion oder anderer Merkmale. Diese Wahrnehmung des „Fremden“ ist jedoch selten objektiv: Oft werden Menschen, die in einem Land geboren und aufgewachsen sind, aufgrund äußerlicher Zuschreibungen wie Hautfarbe, Namen oder kulturellen Ausdrucksweisen als „nicht dazugehörig“ markiert. Die Opfer von Hanau etwa waren Deutsche – und dennoch wurden sie von dem Täter als „Fremde“ betrachtet und deswegen angegriffen.
Der Begriff Fremdenfeindlichkeit ist umstritten, weil er suggeriert, es handle sich um eine „natürliche“ Abwehrreaktion auf das Unbekannte oder eine persönliche Angst (Xenophobie). Tatsächlich geht es meist um gesellschaftlich produzierte Bilder, die Machtverhältnisse stabilisieren: die Abwertung anderer dient dazu, die eigene Gruppe als überlegen zu definieren. Diese Muster können durch Aufklärung, Begegnungen und reflektierte Auseinandersetzung hinterfragt und verlernt werden – Abwertung ist kein „instinktives“ Verhalten, sondern eine erlernte Haltung.
​
Fremdenfeindlichkeit äußert sich auf vielen Ebenen: in Vorurteilen, Diskriminierung, sozialer Ausgrenzung und in extremen Fällen in gewalttätigen Übergriffen. Sie verletzt nicht nur die Betroffenen, sondern gefährdet den sozialen Zusammenhalt und die Grundlagen einer demokratischen Gesellschaft.
