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Glossar

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Dekolonisierung

Dekolonisierung beschreibt den vielschichtigen Prozess, koloniale Strukturen, Denkmuster und Machtverhältnisse aufzuarbeiten und zu überwinden. Er beginnt mit der Anerkennung, dass Kolonialismus nicht nur ein abgeschlossenes historisches Ereignis war, sondern bis heute nachwirkt: in Gesellschaften, in ökonomischen und politischen Abhängigkeiten, in Sprache, Bildungssystemen und kulturellen Vorstellungen.

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Dekolonisierung bedeutet, die Rechte und Perspektiven indigener und ehemals kolonisierter Gemeinschaften sichtbar zu machen und zu stärken. Dazu gehört auch, eurozentrische Wissensordnungen zu hinterfragen, die über Jahrhunderte andere Kulturen abgewertet oder unsichtbar gemacht haben. Es geht darum, kulturelle, wirtschaftliche und soziale Gerechtigkeit herzustellen – und Räume für Selbstbestimmung, Erinnerung und Heilung zu schaffen.

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In der Praxis umfasst Dekolonisierung viele Ebenen: von der Rückgabe gestohlener Kulturgüter, der kritischen Auseinandersetzung mit rassistischen und kolonialen Erzählungen in Bildung und Medien bis hin zu solidarischem Handeln gegen globale Ungleichheiten. Sie lädt dazu ein, eine Welt zu gestalten, in der koloniale Ausbeutung und Unterdrückung nicht weiterwirken – und in der Vielfalt nicht als Abweichung, sondern als Reichtum verstanden wird.

Demografischer Wandel

Der demografische Wandel beschreibt tiefgreifende Veränderungen in der Struktur und Zusammensetzung einer Bevölkerung, die sich über Jahrzehnte hinweg vollziehen. In Deutschland lag die durchschnittliche Kinderzahl pro gebärfähiger Person im Jahr 2024 bei etwa 1,3 – deutlich unter dem Niveau, das nötig wäre, um die Bevölkerung ohne Zuwanderung stabil zu halten. Gleichzeitig ist das Durchschnittsalter der Bevölkerung auf rund 45 Jahre gestiegen, was eine Alterung der Gesellschaft widerspiegelt.​

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In öffentlichen Debatten wird der demografische Wandel häufig als Herausforderung oder gar als Krise thematisiert. Dabei stehen Themen wie Fachkräftemangel, die Sicherung der Rentensysteme oder die Versorgung einer alternden Bevölkerung im Vordergrund. Kritische Perspektiven heben jedoch hervor, dass der demografische Wandel auch Chancen bietet. Zuwanderung kann dazu beitragen, Arbeitsmarktlücken zu schließen und die Innovationskraft einer Gesellschaft zu fördern.

Demokratie

Demokratie bezeichnet eine Staats- und Gesellschaftsform, in der die Herrschaftsgewalt vom Volk ausgeht. Nach Artikel 20 des Grundgesetzes ist die Bundesrepublik Deutschland eine Demokratie, in der das Volk durch freie, gleiche und geheime Wahlen sowie über gewählte Volksvertreterinnen politische Macht ausübt. Diese Volksvertreterinnen bilden den Bundestag, das einzige unmittelbar demokratisch gewählte Verfassungsorgan.

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Demokratien zeichnen sich durch zentrale Prinzipien aus: die Achtung der Menschenrechte, die Gewaltenteilung zwischen Legislative, Exekutive und Judikative, die Rechtsstaatlichkeit, die Unabhängigkeit der Gerichte, die Verantwortlichkeit der Regierung, ein Mehrparteiensystem sowie die Freiheit von Medien und Zivilgesellschaft. Diese Elemente sichern, dass politische Macht begrenzt und kontrolliert wird und dass auch Minderheitenrechte geschützt werden.

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Man unterscheidet zwischen repräsentativen Demokratien, in denen das Volk gewählte Abgeordnete mit der Entscheidungsfindung beauftragt, und direkten Demokratien, in denen Bürger*innen durch Volksentscheide und Abstimmungen unmittelbarer Einfluss nehmen. Moderne Demokratien sind durch politische und gesellschaftliche Institutionen geprägt – Parlamente, Parteien, Interessenverbände und eine aktive Zivilgesellschaft –, die Teilhabe strukturieren und ermöglichen.

demokratische
Resilienz

Demokratische Resilienz beschreibt die Fähigkeit einer Gesellschaft und ihrer Institutionen, Krisen und Transformationsprozesse zu bewältigen, ohne die grundlegenden Prinzipien der Demokratie – Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung, Menschenrechte und Pluralismus – zu gefährden oder aufzugeben. Sie umfasst sowohl die Stabilität demokratischer Systeme als auch ihre Fähigkeit, sich an veränderte gesellschaftliche, wirtschaftliche und geopolitische Bedingungen anzupassen.

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In einer Zeit, in der Krisen – von Pandemien über globale Konflikte bis hin zu sozialer Polarisierung – zunehmend zum Dauerzustand geworden sind, rückt die Frage nach der Widerstandskraft demokratischer Ordnungen ins Zentrum. Demokratische Resilienz zeigt sich darin, ob ein politisches System fähig ist, in Krisenzeiten inklusiv, transparent und handlungsfähig zu bleiben – und ob es nach solchen Phasen Wege findet, das Vertrauen der Bevölkerung in die Demokratie als Gesellschafts-, Staats- und Lebensform zu erneuern.

Der Begriff verweist auf mehr als die reine Funktionsfähigkeit staatlicher Institutionen.

 

Er schließt die Fähigkeit ein, gesellschaftliche Konflikte konstruktiv zu verarbeiten, eine lebendige Zivilgesellschaft zu stärken und Räume zu schaffen, in denen Bürgerinnen Selbstwirksamkeit erleben können. Diese Erfahrung entsteht nicht nur auf der Ebene der Parlamente, sondern auch in Kommunen und sozialen Räumen, wo Demokratie als alltägliche Lebensform erfahrbar wird – etwa durch Beteiligungsprozesse, Jugendparlamente oder Bürgerinnenräte.

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Gleichzeitig ist der Begriff nicht frei von Ambivalenzen. In manchen Diskursen wird „Resilienz“ missverstanden – als Abwehrhaltung gegen demokratische Werte oder als Rechtfertigung autoritärer Eingriffe „im Namen der Demokratie“. Umso wichtiger ist es, demokratische Resilienz als dynamischen Prozess zu begreifen, der gerade durch Offenheit, Vielfalt und die Einbeziehung marginalisierter Perspektiven gestärkt wird. Resiliente Demokratien zeichnen sich nicht durch Starrheit aus, sondern durch die Fähigkeit, Reformen einzuleiten und die demokratische Kultur weiterzuentwickeln.

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Im Kern geht es darum, Demokratie nicht nur zu schützen, sondern sie so zu gestalten, dass sie auch unter Druck lern- und handlungsfähig bleibt – als Garantin für Freiheit, Gerechtigkeit und Zusammenhalt in einer komplexen Welt.

Deutschenfeindlichkeit

Deutschenfeindlichkeit bezeichnet Vorurteile, Ablehnung oder Feindseligkeit gegenüber Menschen deutscher Herkunft. Sie kann sich in abwertenden Bemerkungen, Stereotypen oder Ausgrenzung äußern und betrifft Menschen aufgrund ihrer nationalen Zugehörigkeit. Der Begriff wird oft kontrovers diskutiert, da er mit Erfahrungen von Diskriminierung verknüpft ist, aber nicht automatisch mit strukturellem Rassismus gleichgesetzt werden kann.

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So ist es beispielsweise nicht in Ordnung, wenn jemand abwertend „deutsche Kartoffel“ sagt – doch dabei handelt es sich nicht um Rassismus im eigentlichen Sinne. Rassismus beschreibt systematische Unterdrückung, die aus historischen Machtverhältnissen entstanden ist und bis heute privilegierte und marginalisierte Gruppen produziert. Deutsche in Deutschland sind jedoch Teil der Mehrheitsgesellschaft und profitieren von diesen Strukturen, weshalb abwertende Aussagen zwar verletzend sein können, aber nicht die gleiche Wirkung wie Rassismus entfalten.

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Wichtig ist es, im Umgang mit solchen Phänomenen sensibel zu bleiben: Vorurteile – egal gegen wen – können Dialog und Zusammenhalt untergraben. Ein inklusiver, respektvoller Austausch fördert das Verständnis für die Vielfalt der deutschen Gesellschaft und trägt dazu bei, Vorurteile auf beiden Seiten abzubauen.

Dichotomisierung

Dichotomisierung beschreibt die Neigung, komplexe Phänomene in zwei scheinbar klare Gegensätze zu unterteilen, wie „wir“ und „sie“, „gut“ und „böse“ oder „normal“ und „anders“. Solche Vereinfachungen helfen, die Welt schneller zu ordnen, doch sie übersehen die vielen Grauzonen, in denen sich die Realität tatsächlich abspielt.

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Ein Beispiel: In gesellschaftlichen Debatten über Migration werden Menschen häufig entweder als „Schutzbedürftige“ oder „Bedrohung“ dargestellt. Dieses binäre Denken blendet individuelle Geschichten, Motive und Hintergründe aus und reduziert ganze Gruppen auf stereotype Rollen. Ähnlich verhält es sich beim Geschlechterverständnis: Die Vorstellung, es gäbe nur „männlich“ und „weiblich“, ignoriert die Existenz nicht-binärer und trans* Identitäten.

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Dichotomisierung kann zu Polarisierung führen und den Dialog erschweren, da sie wenig Raum für Zwischentöne lässt. Der Abbau solcher Denkmuster erfordert die Bereitschaft, Widersprüche auszuhalten und komplexe Realitäten anzuerkennen.

Differenzlinie

Eine Differenzlinie ist eine konstruierte Trennlinie, die zwischen sozialen Gruppen gezogen wird. Sie markiert Unterschiede entlang von Kategorien wie Geschlecht, „Rasse“, Ethnie, Religion, sozialer Klasse, Alter oder Behinderung und macht dadurch Zugehörigkeit oder Abgrenzung sichtbar.​

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Diese Linien entstehen nicht „natürlich“, sondern durch gesellschaftliche Zuschreibungen und Machtverhältnisse, die bestimmte Gruppen privilegieren und andere benachteiligen.

 

Ein Beispiel: Die Unterscheidung zwischen „Einheimischen“ und „Migrant:innen“ zieht eine Differenzlinie, die Fremdheit markiert – oft unabhängig von tatsächlichen Rechten oder Erfahrungen. Ebenso kann die Alterskategorie „alt“ zur Abwertung führen, wenn ältere Menschen als „nicht mehr leistungsfähig“ betrachtet werden.

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Der Begriff wird in der Forschung genutzt, um soziale Hierarchien zu analysieren – im Alltag können Differenzlinien aber auch Diskriminierung verstärken, indem sie Vielfalt auf „anders sein“ reduzieren.

Diskriminierung

Diskriminierung bezeichnet die ungerechte Behandlung, Abwertung oder Benachteiligung von Menschen aufgrund zugeschriebener Merkmale wie ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion, Alter, Behinderung oder sexueller Orientierung. Sie ist keine neutrale Unterscheidung, sondern Ausdruck von Machtverhältnissen, die bestimmte Gruppen privilegieren und andere systematisch benachteiligen.

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Diskriminierung kann auf mehreren Ebenen auftreten. Sie zeigt sich individuell in persönlichen Begegnungen, etwa durch abwertende Äußerungen oder Handlungen, institutionell in Abläufen und Regelungen von Organisationen, die bestimmte Gruppen ausschließen oder benachteiligen, und strukturell in gesellschaftlichen Normen sowie politischen und ökonomischen Systemen, die Ungleichbehandlungen oft unbewusst und tief verankert reproduzieren.

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Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) spricht von Benachteiligung und schützt Menschen, die wegen rassistischer oder antisemitischer Zuschreibungen oder aufgrund von Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Alter, Behinderung oder sexueller Identität im Arbeitsleben und bei Alltagsgeschäften ungleich behandelt werden. Dabei wird unterschieden zwischen unmittelbarer Diskriminierung, wenn die Benachteiligung direkt an einem geschützten Merkmal ansetzt, wie etwa bei der Ablehnung einer Frau wegen Schwangerschaft, und mittelbarer Diskriminierung, wenn scheinbar neutrale Kriterien bestimmte Gruppen faktisch ausschließen, beispielsweise wenn für eine Tätigkeit in einer Gärtnerei Deutsch als Muttersprache gefordert wird, obwohl es nicht erforderlich ist.

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Auf internationaler Ebene definieren Menschenrechtsorganisationen Diskriminierung als nachteilige Behandlung, die auf einem unrechtmäßigen Merkmal beruht, ohne legitime und verhältnismäßige Rechtfertigung. Solche Diskriminierung kann verschiedene Formen annehmen: Sie zeigt sich in Ausschluss, wenn bestimmten ethnischen Gruppen Ausweisdokumente verweigert werden, in Trennung, wie bei der separaten Beschulung geflüchteter Kinder, oder in der Verweigerung von Zugängen, etwa wenn öffentliche Gebäude nicht barrierefrei gestaltet sind.

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Im Kern liegt Diskriminierung die Vorstellung zugrunde, dass manche Menschen „weniger wert“ seien – ein Gedanke, der den Grundsätzen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte widerspricht, die die Gleichwertigkeit aller Menschen betont.

Diskriminierung Ost/West

Ost-West-Diskriminierung bezeichnet die ungerechte Behandlung, Abwertung oder Benachteiligung von Menschen aufgrund ihrer Herkunft aus Ost- oder Westdeutschland. Ihre Wurzeln liegen in der deutschen Teilung nach 1945: Während Westdeutschland marktwirtschaftlich geprägt war, entwickelte sich Ostdeutschland in einem sozialistischen System mit anderen Werten, Lebensstandards und gesellschaftlichen Strukturen. Nach der Wiedervereinigung 1990 prallten diese Systeme aufeinander – und mit ihnen tief verankerte Bilder davon, was „normal“ oder „modern“ sei.

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Viele Menschen aus Ostdeutschland erlebten, dass ihre Biografien und Erfahrungen abgewertet wurden: Arbeitslosigkeit, Abwanderung und die Vorstellung, „nachholen“ zu müssen, führten zu Gefühlen der Entwertung. Gleichzeitig entstanden Stereotype wie „Jammer-Ossi“ und „Besser-Wessi“, die Vorurteile verfestigen und bis heute den gesellschaftlichen Diskurs prägen. Diese Dynamiken wirken in Alltagsbegegnungen, am Arbeitsplatz und in Medien weiter und reproduzieren Ungleichheit.

Diskriminierungskritik

Diskriminierungskritik bedeutet, genau hinzusehen: Welche Strukturen, Regeln und Gewohnheiten sorgen dafür, dass manche Menschen Vorteile genießen, während andere ausgeschlossen oder benachteiligt werden? Es geht darum, Machtverhältnisse sichtbar zu machen – in der Gesellschaft, in Institutionen und auch im eigenen Denken. Diskriminierungskritik fragt: Wer hat welche Möglichkeiten? Wer entscheidet? Wer wird übersehen?

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Dazu gehört auch ein kritischer Blick auf sich selbst: Wir alle wachsen mit Vorurteilen auf und bewegen uns in Systemen, die bestimmte Gruppen bevorzugen. Kritisches Denken hilft, diese Muster zu erkennen, andere Perspektiven einzunehmen und Verantwortung zu übernehmen.

Diskriminierungskritik ist mehr als ein „Dagegen-Sein“. Sie lädt dazu ein, aktiv mitzugestalten: für eine Gesellschaft, in der Menschenrechte, Gerechtigkeit und Gleichstellung nicht nur Worte sind, sondern gelebte Realität – weltweit und im Alltag.

Diversität und Diversity

Diversität beschreibt die Vielfalt von Menschen und ihren Lebensrealitäten. Sie umfasst unterschiedliche Merkmale wie Geschlecht, ethnische und kulturelle Herkunft, Sprache, Religion oder Weltanschauung, Alter, sexuelle Orientierung, Behinderung sowie soziale und ökonomische Hintergründe. Diese Vielfalt prägt Gesellschaften und Organisationen weltweit und kann eine wertvolle Ressource für Zusammenhalt, Innovation und Entwicklung sein.

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Der Begriff Diversity, der häufig in internationalen und organisationalen Kontexten verwendet wird, richtet den Blick darauf, wie diese Vielfalt aktiv gestaltet werden kann. Es geht darum, Chancengleichheit zu fördern, Diskriminierung abzubauen und Strukturen so zu entwickeln, dass alle Menschen – unabhängig von ihren Merkmalen – teilhaben und ihr Potenzial entfalten können.

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Diversität ist die Realität, in der wir leben; Diversity ist der Ansatz, der diese Realität in Richtung Gerechtigkeit, Teilhabe und Gleichstellung weiterdenkt. Beide Perspektiven ergänzen sich und bilden die Grundlage für eine inklusive Gesellschaft, in der Unterschiede als Stärke verstanden werden.

Diversitätskompetenz

Diversitätskompetenz beschreibt die Fähigkeit, mit Vielfalt bewusst, respektvoll und konstruktiv umzugehen. Dazu gehört das Wissen um unterschiedliche Perspektiven, kulturelle Hintergründe, soziale Realitäten und Lebenserfahrungen sowie die Sensibilität für Diskriminierungsmechanismen und Machtverhältnisse.

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Ein Beispiel: Eine Führungskraft mit Diversitätskompetenz achtet darauf, dass in Teams nicht immer dieselben Stimmen dominieren und lädt bewusst Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen ein, ihre Sichtweisen einzubringen. Oder eine Lehrkraft gestaltet ihren Unterricht so, dass kulturelle Vielfalt nicht nur toleriert, sondern aktiv als Lernchance genutzt wird. Auch im Alltag zeigt sich Diversitätskompetenz, wenn wir in Gesprächen aufmerksam auf diskriminierende Aussagen reagieren und alternative, inklusivere Ausdrucksweisen finden.

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Die Entwicklung von Diversitätskompetenz ist entscheidend, um Umfelder zu schaffen, in denen alle Menschen unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Behinderung oder sozialem Status teilhaben können. Sie fördert eine Kultur, in der Vielfalt nicht als Hindernis, sondern als Stärke verstanden wird.

Diversitätssensibilität

Diversitätssensibilität bezeichnet die Fähigkeit, Unterschiede zwischen Menschen wahrzunehmen, zu respektieren und die eigene Haltung gegenüber Vielfalt kritisch zu reflektieren. Sie bedeutet, sich der eigenen Perspektive bewusst zu werden und zu erkennen, dass diese immer von persönlichen Erfahrungen, gesellschaftlichen Prägungen und Machtverhältnissen beeinflusst ist. Menschen mit Diversitätssensibilität hinterfragen ihre Wahrnehmungen und prüfen, ob Vorannahmen oder Stereotype ihre Sicht auf andere verzerren.

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Ein Beispiel: Eine diversitätssensible Person bemerkt in einer Teamsitzung, dass bestimmte Begriffe ausgrenzend wirken könnten, und überlegt, wie sie inklusiver formulieren kann. Oder sie achtet darauf, ob alle Kolleg*innen – unabhängig von kulturellem Hintergrund, Sprache oder Hierarchie – die Möglichkeit haben, sich einzubringen.

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Diversitätssensibilität betont das Wahrnehmen und Reflektieren von Vielfalt. Diversitätskompetenz geht darüber hinaus: Sie beschreibt die Fähigkeit, dieses Bewusstsein in konkretes Handeln zu übersetzen und Strukturen aktiv so zu gestalten, dass sie Teilhabe ermöglichen.

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Sensibilität fragt: „Sehe ich die Unterschiede und die damit verbundenen Bedürfnisse?“
Kompetenz fragt: „Wie reagiere ich darauf und welche Räume kann ich schaffen?“


Sensibilität fragt: „Wo könnten sich Menschen ausgeschlossen fühlen – auch wenn es mir selbst nicht auffällt?“
Kompetenz fragt: „Welche konkreten Schritte helfen, dass niemand mehr ausgeschlossen ist?“


Sensibilität fragt: „Welche Worte, Bilder oder Regeln könnten unbeabsichtigt verletzend wirken?“
Kompetenz fragt: „Wie kann ich diese Worte, Bilder und Regeln so verändern, dass sie wirklich inklusiv sind?“

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Oder anders gesagt: Sensibilität öffnet die Augen für Vielfalt – Kompetenz öffnet die Türen.

Diversitätssensibilität ist somit die Grundlage für Diversitätskompetenz – ohne diese bewusste Wahrnehmung bleibt jedes Handeln oberflächlich.

Diversity Management

Diversity Management bezeichnet einen strategischen Ansatz in Organisationen, der darauf abzielt, Vielfalt als Ressource zu erkennen, zu fördern und nachhaltig zu nutzen. Es umfasst die Entwicklung diversitätsorientierter Personal- und Organisationsstrukturen, Programme zur Sensibilisierung für Vielfalt und Antidiskriminierung sowie die gezielte Förderung unterrepräsentierter Gruppen, etwa von Frauen in Führungspositionen. Gleichzeitig geht es darum, Arbeitsumfelder zu schaffen, die unterschiedliche Lebensrealitäten respektieren und integrieren.

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Im Zentrum steht die Idee, dass eine inklusive Unternehmenskultur nicht nur soziale Verantwortung übernimmt, sondern auch wirtschaftlichen Erfolg ermöglicht. Indem Diversity Management Innovation, Kreativität und Mitarbeiterzufriedenheit stärkt, verbindet es gesellschaftliche Ziele mit den Interessen der Organisation.

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Diversity Management geht damit über reine Personalpolitik hinaus: Es ist ein integraler Bestandteil moderner Unternehmensführung und kann dazu beitragen, langfristig chancengerechte und diskriminierungsfreie Strukturen zu etablieren.

Diversity Monitoring

Diversity Monitoring bezeichnet die systematische Erhebung und Auswertung von Daten zur Vielfalt innerhalb einer Organisation. Es geht darum, Informationen über die Zusammensetzung der Belegschaft nach Merkmalen wie Geschlecht, Alter, ethnischer Herkunft, Behinderung oder sexueller Orientierung zu sammeln und diese regelmäßig zu analysieren.

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Ein Beispiel: Ein Unternehmen kann durch Diversity Monitoring erkennen, wie viele Menschen mit Behinderung in unterschiedlichen Abteilungen arbeiten, ob Frauen und Männer gleichermaßen Führungspositionen besetzen oder wie vielfältig die Belegschaft in Bezug auf Altersgruppen ist. Ebenso kann eine Hochschule untersuchen, aus welchen sozialen oder kulturellen Hintergründen ihre Studierenden stammen, um gezielt Programme zur Förderung benachteiligter Gruppen zu entwickeln.

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Diversity Monitoring wird häufig in Form von anonymisierten Mitarbeitendenbefragungen, statistischen Auswertungen von Personalakten oder durch regelmäßige Berichte zur Vielfalt umgesetzt. Es ist ein Werkzeug, das Transparenz schafft und Organisationen ermöglicht, Entwicklungen im Bereich Diversität zu erkennen und auf Basis von Daten fundierte Entscheidungen zu treffen.

Dominanzgesellschaft

Eine Dominanzgesellschaft ist eine Gesellschaftsform, in der bestimmte Gruppen die sozialen, politischen und kulturellen Normen bestimmen, während andere Gruppen systematisch marginalisiert oder ausgeschlossen werden. Sie ist geprägt von ungleichen Machtverhältnissen, die festlegen, wessen Perspektiven, Erfahrungen und Bedürfnisse als „normal“ und wünschenswert gelten und wessen Sichtweisen abgewertet oder unsichtbar gemacht werden.

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Dominanzkultur ist der Ausdruck dieser Machtverhältnisse im Alltag. Sie zeigt sich in den Werten, Routinen und Selbstverständlichkeiten einer Gesellschaft: in der Sprache, die bestimmte Lebensrealitäten benennt und andere ausblendet; in Bildungssystemen, die bestimmte Wissensbestände priorisieren; oder in Medienbildern, die eine homogene Vorstellung davon transportieren, wie ein „typischer“ Bürger oder eine „typische“ Familie aussieht.

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Ein Beispiel: In einer Dominanzgesellschaft wie Deutschland gelten weiße, heterosexuelle, nichtbehinderte Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit oft als Norm. Alle anderen müssen sich oft anpassen, erklären oder ihre Zugehörigkeit beweisen – selbst dann, wenn sie in der Gesellschaft aufgewachsen sind.

Drittes Geschlecht

Der Begriff „Drittes Geschlecht“ bezeichnet die rechtliche und gesellschaftliche Anerkennung von Geschlechtsidentitäten jenseits der binären Kategorien „männlich“ und „weiblich“. Er umfasst Menschen, die sich weder ausschließlich als männlich noch als weiblich identifizieren, sondern eine andere Geschlechtsidentität haben. In Deutschland wurde mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 2017 der Weg für die rechtliche Einführung einer dritten positiven Geschlechtsoption („divers“) im Personenstandsregister geebnet. Seit 2018 erlaubt §â€¯22 Abs. 3 Personenstandsgesetz (PStG) eine entsprechende Eintragung.

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Diese Anerkennung ist ein wichtiger Schritt, um die Rechte und die Sichtbarkeit von intergeschlechtlichen, nichtbinären und anderen Personen mit vielfältigen Geschlechtsidentitäten zu stärken. Sie trägt dazu bei, starre gesellschaftliche Normen zu hinterfragen und die Vielfalt geschlechtlicher Lebensrealitäten abzubilden. Durch die Möglichkeit einer dritten Geschlechtsoption wird nicht nur rechtliche Gleichstellung gefördert, sondern auch ein Signal für mehr Geschlechterdiversität und Akzeptanz in der Gesellschaft gesetzt.

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