Awareness und Betriebsrat: Warum beides gebraucht wird
- Ercan Carikci
- 30. Juni
- 2 Min. Lesezeit
In vielen Organisationen stellt sich zunehmend die Frage, wie Awareness-Arbeit strukturell
verankert werden kann - ohne mit bestehenden Gremien wie dem Betriebsrat in Konflikt zu geraten. Das ist nicht nur eine juristische, sondern auch eine politische Frage. Denn beide Instanzen - Betriebsrat und Awareness-Person - haben ihre je eigene Geschichte, Aufgabenbeschreibung und Zielsetzung.
Was macht ein Betriebsrat - und was nicht?
Betriebsräte sind demokratisch legitimierte Interessenvertretungen von Beschäftigten. Ihre Aufgabe ist es, bei betrieblichen Entscheidungen mitzubestimmen und die Einhaltung gesetzlicher, tariflicher und betrieblicher Regelungen zu überwachen. Sie vertreten alle Beschäftigten - unabhängig von Diskriminierungserfahrungen oder gesellschaftlicher Positionierung. Das ist ihre Stärke, aber auch ihre Grenze.
Denn in Fällen von grenzüberschreitendem Verhalten, Machtmissbrauch oder Diskriminierung braucht es manchmal mehr als rechtliche Kontrolle: Es braucht Vertrauen, Schutzräume und Fachwissen über intersektionale Diskriminierung. Genau hier setzen Awareness-Personen an.

Awareness ist keine Konkurrenz - sondern Ergänzung
Awareness-Personen sind in vielen Organisationen ansprechbar für diskriminierungskritische
Anliegen. Sie sind oft niedrigschwellig erreichbar, unterliegen der Schweigepflicht und nehmen eine parteiliche Perspektive ein - das bedeutet: Sie stellen das subjektive Erleben von Diskriminierung in den Mittelpunkt, ohne es in Frage zu stellen. Sie bieten Orientierung, Unterstützung und helfen bei der weiteren Einordnung und möglichen Eskalation.
Warum Trennschärfe wichtig ist
Gerade weil Betriebsräte und Awareness-Personen unterschiedliche Rollen haben, ist es wichtig, diese nicht zu vermischen. Betriebsräte dürfen keine vertraulichen Awareness-Gespräche einfordern - und Awareness-Personen übernehmen keine arbeitsrechtliche Vertretung. Beide Rollen brauchen eigene Strukturen, Verantwortlichkeiten und Anerkennung.
Ein Plädoyer für beides
Die Realität in vielen Betrieben zeigt: Menschen wenden sich oft nicht an den Betriebsrat, wenn sie diskriminiert werden - aus Angst, aus Unsicherheit oder weil sie nicht wissen, ob sie dort verstanden werden. Awareness-Personen können hier eine wichtige Brücke sein. Umgekehrt ist es genauso wichtig, dass Awareness-Arbeit nicht als politische Randerscheinung oder individueller Aktivismus gesehen wird, sondern als strukturelle Ergänzung zu bestehenden Rechten und Gremien.
Deshalb braucht es beide: den Betriebsrat als demokratische Interessenvertretung - und
Awareness-Personen als Schutzstruktur. Nur gemeinsam gelingt ein sicherer, gerechter und
handlungsfähiger Arbeitsplatz.
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