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Rassismus: Individuelle Erfahrungen - und strukturelle Herausforderungen

Autorenbild: Ercan CarikciErcan Carikci

Obwohl Rassismus häufig auf individueller Ebene wahrgenommen wird, liegt seine wahre Verbreitung und Persistenz oft in strukturellen und institutionellen Mechanismen verborgen. Manche Menschen mit Migrationshintergrund, wie beispielsweise aus der Türkei, berichten, dass sie keine persönlichen rassistischen Erfahrungen gemacht haben. Ihre individuellen Erfahrungen dürfen jedoch nicht dazu führen, dass wir die weitreichenden und tiefgreifenden Auswirkungen des Rassismus auf gesellschaftlicher Ebene vernachlässigen.

Ein Schild mit der Aufschrift, Nein zu Rassismus.

Individueller Rassismus, welcher sich in Vorurteilen, Diskriminierungen und Stereotypen manifestiert, wird häufig auf einer individuellen Ebene wahrgenommen. Dabei kann es sich um Beleidigungen und abwertende Kommentare, Stereotype und Mikroaggressionen, Vermeidungsverhalten und Ausschluss oder sogar physische Gewalt und Einschüchterung handeln [1]. Jede dieser Formen des Rassismus kann das Wohlbefinden, die Chancen und die Lebensqualität von Einzelpersonen erheblich beeinträchtigen [2].

Trotz der Schwere dieser individuellen Erfahrungen stellt dies nur einen Teil des Rassismus dar. Rassismus kann auch auf einer tieferen, systemischen Ebene existieren, die häufig weniger offensichtlich ist. Diese Form von Rassismus, oft als institutioneller oder struktureller Rassismus bezeichnet, ist tief in den gesellschaftlichen Strukturen verwurzelt, die unseren Alltag bestimmen.

Institutioneller Rassismus bezieht sich auf Voreingenommenheit und Diskriminierung, die in sozialen und politischen Institutionen eingebettet sind [3]. Beispielsweise kann es sich hierbei um Diskriminierung im Bildungssystem, Gesundheitswesen, Rechtssystem, Wohnungsmarkt oder am Arbeitsplatz handeln [4][5]. Obwohl institutioneller Rassismus oft weniger sichtbar ist, hat er weitreichende Auswirkungen auf die Lebensqualität und -chancen verschiedener ethnischer oder „rassischer" Gruppen [6].

Struktureller Rassismus hingegen bezieht sich auf ein System von sozialen Strukturen, das diskriminierende Ergebnisse produziert und aufrechterhält [7]. Beispiele hierfür sind die „rassische" Segregation von Wohnvierteln, die Vermögensungleichheit zwischen verschiedenen „rassischen" und ethnischen Gruppen, gesundheitliche Ungleichheiten und diskriminierende Gesetze und Politiken [8]. Struktureller Rassismus kann aufgrund seiner Komplexität und Tiefe in der Gesellschaft oft schwieriger zu identifizieren und zu bekämpfen sein.

In Anbetracht dieser Realitäten dürfen wir nicht ausschließlich auf individuelle Erfahrungen zurückgreifen, um das Ausmaß und die Folgen von Rassismus zu beurteilen. Es ist notwendig, ein Bewusstsein für die komplexen und oft verborgenen Formen des Rassismus zu schaffen, die in unseren gesellschaftlichen Strukturen verwoben sind. Darüber hinaus müssen wir uns dafür einsetzen, Ungerechtigkeiten zu bekämpfen und eine gerechtere und inklusivere Gesellschaft zu fördern [9].

Literatur und Quellen:

[1] Dovidio, J. F., Gaertner, S. L. (2004). "Understanding and Addressing Contemporary Racism: From Aversive Racism to the Common Ingroup Identity Model". Journal of Social Issues.

[2] Williams, D. R., Mohammed, S. A. (2013). "Racism and Health I: Pathways and Scientific Evidence". American Behavioral Scientist.

[3] Carmichael, S., Hamilton, C. V. (1967). "Black Power: The Politics of Liberation". Random House.

[4] Pager, D., Shepherd, H. (2008). "The Sociology of Discrimination: Racial Discrimination in Employment, Housing, Credit, and Consumer Markets". Annual Review of Sociology.

[5] Williams, D. R., Lawrence, J. A., Davis, B. A. (2019). "Racism and Health: Evidence and Needed Research". Annual Review of Public Health.

[6] Bailey, Z. D., Krieger, N., Agénor, M., Graves, J., Linos, N., Bassett, M. T. (2017). "Structural racism and health inequities in the USA: evidence and interventions". The Lancet.

[7] Bonilla-Silva, E. (1997). "Rethinking racism: toward a structural interpretation". American Sociological Review.

[8] Feagin, J. R. (2006). "Systemic Racism: A Theory of Oppression". Routledge.

[9] Williams, D. R., Cooper, L. A. (2020). "Reducing Racial Inequities in Health: Using What We Already Know to Take Action". International Journal of Environmental Research and Public Health.

 

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