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  • AutorenbildErcan Carikci

Warum wählen so viele Menschen in Deutschland Erdoğan?

Es ist weithin anerkannt, dass Präsident Erdoğan und seine Partei in der Türkei demokratische Strukturen abgebaut haben, eine Tatsache, die nicht alle Menschen als problematisch empfinden.

Obwohl Erdoğan in der Türkei nur rund die Hälfte der Bevölkerung hinter sich hat, erfreut er sich bei 60% der in Deutschland wahlberechtigten Türken großer Beliebtheit. Es ist wichtig, hierbei zu bedenken, dass nur die Hälfte dieser Wahlberechtigten tatsächlich zur Wahl ging.

Die Türkei ist formell eine parlamentarische Republik mit mehreren Parteien, die Wahlen durchführt, ein Merkmal der Demokratie. Allerdings wurden seit 2013, insbesondere nach dem Putschversuch im Jahr 2016, Bedenken hinsichtlich der Meinungsfreiheit, der Unabhängigkeit der Justiz und der fairen Wahlpraxis geäußert. Der Präsident Erdoğan und seine Partei AKP haben immer mehr Macht konzentriert und die Kontrolle über verschiedene Institutionen erhöht. Daher wird die Türkei oft als illiberale Demokratie oder autoritäres Regime bezeichnet.

Kommt Erdoğan bei den türkischen Wählern in Deutschland gut an?

Es gibt eine Vielzahl von Gründen, warum Erdoğan in Deutschland so gut ankommt. Der erste Punkt betrifft das Selbstbewusstsein. Erdoğan schenkt vielen Türken, insbesondere denen, die sich marginalisiert oder diskriminiert fühlen und nach einer türkischen Identität suchen, ein Gefühl von Stärke und Selbstvertrauen. Er präsentiert sich als starker Führer und ist gerade bei diesen Menschen sehr beliebt.

Weiterhin ist es nicht zu übersehen, dass türkische Medien und Institutionen in Deutschland intensiv für Erdoğan werben. Hinzu kommt die Überzeugung einiger Menschen, dass seine Leistungen - insbesondere in Bezug auf die türkische Wirtschaft - bedeutend sind. Es muss allerdings auch kritisch angemerkt werden, dass nicht alles, was er für die türkische Wirtschaft geleistet hat, tatsächlich ein Erfolg ist. Zudem scheinen Themen wie der Klimawandel und der Umweltschutz für ihn von geringer Bedeutung zu sein.

Zwar hat die Türkei eine Reihe von Umweltschutzmaßnahmen eingeführt, darunter die Förderung erneuerbarer Energien, insbesondere Solar- und Windenergie, sowie die Verbesserung der Energieeffizienz in Gebäuden und im Verkehrssektor. Es wurden auch Anstrengungen zur Aufforstung und zum Schutz der Biodiversität unternommen. Darüber hinaus hat die Türkei im Jahr 2021 das Pariser Abkommen ratifiziert, das eine globale Reaktion auf die Bedrohung des Klimawandels darstellt. Allerdings gibt es Bedenken hinsichtlich der Umsetzung und Durchsetzung dieser Politiken. Zudem ist die Kohle immer noch ein wesentlicher Teil des türkischen Energiemixes, was eine erhebliche Herausforderung für die Reduzierung von Treibhausgasemissionen darstellt.

Es ist auch nicht zu leugnen, dass es Menschen gibt, die eine konservative, religiöse Einstellung teilen, wie Erdoğan sie propagiert und darstellt.

Präsident Erdoğan und seine Partei, die AKP, haben politische Entscheidungen getroffen und Äußerungen gemacht, die als diskriminierend gegenüber LGBT-Personen und Minderheiten wie den Kurden und Aleviten wahrgenommen werden. Einschränkungen kultureller und politischer Rechte und wiederholte militärische Konflikte haben insbesondere Bedenken hinsichtlich der kurdischen Minderheit aufgeworfen. LGBT-Veranstaltungen wurden verboten und die Darstellung von LGBT-Inhalten in den Medien eingeschränkt. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass diese Haltungen und Maßnahmen nicht unbedingt die Ansichten der gesamten türkischen Gesellschaft widerspiegeln.

Es ist von entscheidender Bedeutung zu berücksichtigen, dass es unter allen Bevölkerungsgruppen, auch in Deutschland, antidemokratische Kräfte gibt, einschließlich Menschen mit türkischer Herkunft oder Geschichte.

Es ist jedoch wichtig, nicht alle Menschen türkischer Herkunft über einen Kamm zu scheren. Wir dürfen die Menschen in der Türkei nicht aufgeben, insbesondere wenn wir uns vergegenwärtigen, dass die Hälfte der Bevölkerung nicht für Erdoğan ist. Dasselbe gilt für die türkische Bevölkerung in Deutschland. Wenn es darum geht, Menschen an solche autoritären Führer zu verlieren, die sich diskriminiert und nicht integriert fühlen, müssen wir als Mehrheitsgesellschaft Selbstkritik üben und nach Lösungen suchen.

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